Antrag "Austausch der Betonstraßensperren an der Straße „Am Gehöft“"

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Cremers,
die FDP-Ratsfraktion bittet Sie, nachfolgenden Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Bauausschusses zu setzen:
Der Bauausschuss beschließt, dass die seit Juni 2019 installierten Betonstraßensperren „Am Gehöft“ gegen umklappbare Poller ausgetauscht werden, um dadurch die berechtigten Interessen der direkt betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen.
Begründung:
Im Rahmen einer Ortbesichtigung des Bauausschusses am 14. März 2019 wurde in der anschließenden Sitzung mehrheitlich beschlossen, die auf dringenden Wunsch der Anlieger geforderte Sperrung „Am Gehöft“ in Höhe der Abzweigung Dinkelstraße zwischen den Hausnummern 38 und 39 im Rahmen einer einjährigen Testphase für den Durchgangsverkehr zu sperren. Vorausgegangen waren massive Proteste der Anwohner über einen erheblichen Autodurchgangsverkehr mit stets einhergehender Geschwindigkeitsüberschreitung, obwohl diese Straße mit dem Zeichen 325-1 StVO beschildert ist (verkehrsberuhigte Zone, nur Schrittgeschwindigkeit). Kinder konnten praktisch nicht gefahrenlos auf der Straße spielen.
Ein Jahr später wurde seitens der Verwaltung eine Umfrage an die Bewohner des gesamten Viertels gestartet, ob die Sperrung weiterhin bestehen solle. Mehrheitlich stimmten zwar die Befragten für eine Wiederaufhebung der Sperrung, doch stellt sich aus Sicht der FDP-Ratsfraktion die Frage, ob die Auswahl der schriftlich befragten Bewohner überhaupt angebracht und gerechtfertigt war.
Es wurden überwiegend Nichtanlieger befragt, die die Straße „Am Gehöft“ vor der Sperrung als bequeme Abkürzung zur Einfahrt in die Talstraße nutzten. Ein Verlassen des Viertels ist über die bitumierte Erschließungsstraße Im Weizenfeld möglich (hier 30km/h). Befragt werden hätten überwiegend die betroffenen, d.h. direkten Anwohner „Am Gehöft“ und „Dinkelstraße“, ob die Sperrung für sie einen Gewinn oder Nachteil mit sich bringt.
Wegen Beratungsbedarf seitens der FDP wurde der Tagesordnungspunkt zur erneuten Entscheidung (Wiederaufheben oder Belassen der Sperrung) in der Bauausschusssitzung am 18.6.2020 von der Tagesordnung genommen.
In mehreren inoffiziellen Ortsterminen, auch mit Kolleginnen und Kollegen anderer Ratsfraktionen, haben wir nochmals die örtlichen Gegebenheiten in Augenschein genommen und intensive und sachliche Gespräche mit Anwohnern geführt.
Daraufhin sind aus unserer Sicht folgende Sachverhalte festzustellen:
- Das SEM-Kapellen gliedert sich in zwei Bauabschnitte. Beide Baugebiete sind vergleichbar groß und gestaltet.
- Beide verfügen je über eine offizielle Erschließungsstraße (Dückersweg / Im Weizenfeld), die bituminiert sind, über breite Bürgersteige beidseits, sowie Parkbuchten verfügen. Die Höchstgeschwindigkeit ist hier auf 30 km/Stunde festgelegt.
- Die Verkehre aus dem zweiten Bauabschnitt fließen ausschließlich über die Erschließungsstraße „Dückersweg“ ab.
- Die Verkehre aus dem ersten, betroffenen Bauabschnitt fließen seit der Sperrung „Am Gehöft“ im Juni 2019 ausschließlich über die Straße „Im Weizenfeld“. Beide Erschließungsstraßen münden je über einen Kreisverkehr in die Straße „Auf den Hundertmorgen“.
- Bis Juni 2019 war eine Ausfahrt aus dem Wohngebiet über die Straße „Am Gehöft“ direkt in die Talstraße möglich. Diese Zufahrt zum Baugebiet bestand schon vor der Bebauung dieses Gebietes und wurde im Bestand belassen.
- Alle Stichstraßen, so auch „Am Gehöft“, sind in beiden Bauabschnitten durchgehend gepflastert und überall mit dem blauen Verkehrszeichen 325-1 STVO „Verkehrsberuhigter Bereich“ versehen.
- Dieses Verkehrszeichen sieht u.a. vor:
- Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite nutzen,
- Kinderspiele sind überall erlaubt,
- Fahrzeugverkehr darf nur Schrittgeschwindigkeit fahren, d.h. ca 5 km/Stunde,
- Fahrzeugführer dürfen die Fußgänger weder gefährden noch behindern.
- Dieses Verkehrszeichen sieht u.a. vor:
- Selbst die Verbindungsstraßen innerhalb der verkehrsberuhigten Bereiche sind teilweise mit Pollern versehen, um die Verkehre weitgehend auf den lokalen Anliegerverkehr zu begrenzen.
- Bei Erwerb und Bebauung der Grundstücke in allen verkehrsberuhigten Bereichen sind alle Eigentümer von dieser (wohnqualitätssteigernden) Verkehrsregelung ausgegangen.
- Alle Bewohner in beiden Bauabschnitten (ausgenommen der Anwohner an den Erschließungsstraßen gebaut haben) profitieren von dieser Fußgänger- und kinderfreundlichen Verkehrsregelung.
- Durch den (möglicherweise nicht bedachten) Anschluss der ebenfalls verkehrsberuhigten Straße „Am Gehöft“ an die Talstraße hat sich diese Straße als verkehrsreiche Durchgangsstraße entwickelt.
- Wie mehrere Anwohner berichteten, sei seit der Sperrung der Durchgangsverkehr um ca. 90% zurückgegangen. Das Spielen von Kindern auf der Straße sei jetzt gefahrenlos möglich. Die Wohnqualität habe deutlich zugenommen.
- Erklärt wird das durch das Wegfallen des zuvor hohen stoßweisen Verkehrsaufkommens durch den PKW-Verkehr, ausschließlich durch Bewohner des restlichen Bauschnittes, wenn zum Beispiel Kinder mit dem PKW zur Schule oder in die Kitas gebracht wurden.
- Noch heute sind auf der gepflasterten Straße „Am Gehöft“ deutliche Reifenfahrspuren durch die übermäßige Belastung zu erkennen. Besonders deutlich auch zu sehen das Schneiden der Kurve bei der Einfahrt aus der Straße „Im Weizenfeld“.
- Hiermit wurde aus der angedachten „verkehrsberuhigten Straße“ faktisch eine Durchgangsstraße/ Erschließungsstraße.
- Offensichtlich nahmen viele Bewohner des Gebietes diesen Weg als vermeintliche Abkürzung und Zeitgewinn, was aber bei der vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit von 5 km/h (wenn sie denn eingehalten wird) trügerisch ist.
- Das heißt, eine tatsächliche Benachteiligung aller Nichtanwohner „Am Gehöft“ ist durch eine Fortführung der Sperrung sachlich gesehen nicht gegeben.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Anwohner „Am Gehöft“ gegenüber allen anderen Anwohnern, die in den „verkehrsberuhigten“ Bereichen wohnen, eindeutig benachteiligt werden, wenn die Sperrung wieder aufgehoben werden sollte.
Eine gepflasterte Straße, die mit dem Verkehrszeichen 325-1-StVO ausgeschildert ist, kann nicht als Durchgangsstraße genutzt werden. Faktisch mindert sich dadurch auch der Marktwert der anliegenden Wohngebäude. Ggf. müsste dann auch über eine Abstufung der KAG diskutiert werden.
Die Bürgerbefragung ergab bei einer Beteiligung von 66,9% ein Abstimmungsergebnis, dass sich mit 68,9% für und 30,9% gegen eine Aufhebung der probeweisen Absperrung aussprach (vgl. 473/2017/3, Beschlussvorlage für den Bauausschuss, 25.06.2020).
Es stellt sich die Frage, inwieweit der Umfragemodus gerechtfertigt, bzw. zulässig war, denn hier spricht sich eine (eigentlich nicht betroffene) Mehrheit für eine verkehrliche Belastung einer Straße aus, die sie sicherlich nicht vor der eigenen Haustür befürworten würden, nur um eventuell selbst eine vermeintliche Abkürzung fahren zu können. Auch hier ist nochmal zu klären, ob die zuvor bestehende Zufahrt zum „Am Gehöft“ von der Talstraße (damals als Zufahrt für die Baufahrzeige genutzt) tatsächlich in das Bebauungs- und Verkehrskonzept für den 1. BA vorgesehen war.
Das Argument, durch die Sperrung „Am Gehöft“ gäbe es nur einen Ausweg aus dem Wohngebiet, ist entgegenzusetzen, dass der BA 2 ebenfalls nur über eine Ausfahrt verfügt. Im etwaigen Not- oder Katastrophenfall können Notaus- und -einfahrten über die umklappbaren Poller „Am Gehöft“,„Melissenweg“ und „Am Stellwerk“ geschaffen werden.
Die Betonpoller sind daher durch umklappbare Poller zu ersetzen (jedes Rettungsfahrzeug verfügt über die erforderlichen Schlüssel). Alternativ hier verkehrsberuhigende Vorrichtungen (Blumenkübel o.ä.) zu schaffen erweist sich nach unserer Ortsbesichtigung und Meinung der Anwohner als kaum praktikabel, da sie die Bewegungs- und Rangierfreiheit der Anwohner-PKW und Müllfahrzeuge erheblich einschränken würden.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Schumacher
Vorsitzender