Haushaltsrede 2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

es ist gut, wenn die Zeit der Haushaltssicherung schneller endet als ursprünglich geplant. Ich gehöre dem Stadtrat seit 2009 an und seit dieser Zeit muss über jeden Cent intensiv nachgedacht werden.

Wenn wir absehbar unsere größere finanzielle Handlungsfähigkeit wiedererlangt haben, darf sich die Haltung des genauen Nachdenkens über jeden sinnvoll investierten Euro nicht ändern. Die schnellere Beendigung der Zeit der Haushaltsführung unter strenger Aufsicht des Landrats und damit vermutlich der Start ins freiere Geldausgeben des Stadtrats ist fast ausschließlich nur deshalb möglich, weil SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion „Mein Grevenbroich“ durch deutliche Steuererhöhungen in zurückliegenden Jahren, die für alle Bürgerinnen und Bürger, insbesondere in Zeiten von Rekordinflation und Unsicherheiten hinsichtlich auch eigener wirtschaftlicher Entwicklungen, sehr schmerzhaft waren und sind.

Umso mehr sehen wir auch künftig den Auftrag der Freien Demokraten hier im Rat darin, genau hinzuschauen, wie effizient die Verwaltung und der gesamte Stadtkonzern arbeitet. Steuern und Gebühren zu erhöhen, fällt einer Mehrheit hier offensichtlich leicht. Die Bereitschaft und Durchsetzung von Veränderungen in der Bürokratie und Verwaltung ist und bleibt zuallererst die Aufgabe des Bürgermeisters.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der vorliegende Haushalt ist das Fundament der Politik der Mehrheitsfraktionen. Das Zahlenwerk dient der Ermöglichung der gefassten Beschlüsse. Eine Zustimmung zu diesem Haushalt würde diese Politik legitimieren.

Es wurden im zurückliegenden Jahr Entscheidungen getroffen, die wir als FDP klar ablehnen. Die Diedrich-Uhlhorn Realschule in Wevelinghoven wird abgeschafft, obwohl die Anmeldezahlen die Fortexistenz zugelassen hätte. Was die Eltern wirklich wollten, hat SPD, CDU, Grüne und Mein Grevenbroich hier im Rat nicht interessiert. Wir wollten den Elternwillen transparent und offen abfragen. Sie haben eine Elternbefragung durchgesetzt, die eben dazu diente, die von Ihnen unbedingt favorisierte dritte Gesamtschule durchzusetzen.

Die Realschule bereitet sehr gut auf viele wertvolle Ausbildungsberufe vor. Der Fachkräftemangel wird zur existenziellen Bedrohung für Betriebe auch bei uns in Grevenbroich. Mit der schulpolitischen Fehlentscheidung verstärken SPD, CDU, Grüne und „Mein Grevenbroich“ absehbar den Fachkräftemangel in unserer Stadt durch ihr Handeln, weil es immer schwieriger werden wird, geeignete und ausbildungswillige Menschen zu finden.

Die FDP setzt sich für beste Bildungsmöglichkeiten nach Fähigkeiten ein und nicht für möglichst eine Schule für jeden. Leider stehen wir mit dem Willen nach hinreichend differenzierten Bildungsangeboten in unserer Stadt – mit Ausnahme der UWG – in Grevenbroich alleine dar. Heute lesen wir in der NGZ vom vorgezogenen Anmeldeverfahren an der von Ihnen favorisierten dritten Gesamtschule. Die Ungleichbehandlung von Gymnasien und Gesamtschulen wird damit fortgesetzt. Als FDP haben wir für faire Chancen beim Anmeldeverfahren gekämpft. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollten dazu gar nicht diskutieren und eine eigene Entscheidung treffen.  Sie haben sich hinter dem „Geschäft der laufenden Verwaltung“ versteckt.

Nun zu den konkreten Haushaltsberatungen:

1.           Es ist gut und richtig, wenn wir mehr Stellen einplanen, wenn durch Entscheidungen der Bundesregierung ein größerer Kreis von Antragsberechtigten beim Wohngeld geschaffen wird. Das hatten wir im Verfahren beantragt und ist notwendig, weil wir der Meinung sind, dass eine Verwaltung auf eine deutlich größere Anzahl von Anträgen vorbereitet sein muss. Es ist gleichwohl bedauerlich, dass wir in Nordrhein-Westfalen bis mindestens April 2023 warten müssen, bis das IT-Verfahren an die neue Rechtslage angepasst ist.

2.           Das Prinzip der Haushaltswahrheit beruht auch darauf, dass die Einnahmen und Ausgaben möglichst präzise geschätzt werden. Im Produkt 06022 Hilfe zur Erziehung Minderjährige  haben wir daran Zweifel. Es ist aus unserer Sicht nicht zu erkennen, dass das Defizit aus dem Jahr 2021 im Jahr 2023 um fast zwei Millionen geringer ausfallen wird. Deshalb wollten wir vorsichtiger schätzen und lieber in der Retrospektive besser dastehen als geplant.  Das wäre finanzpolitisch solider. Auch das sah die Mehrheit hier im Rat anders.

Meine Damen und Herren, auch wenn wir aus diesen Gründen dem Haushalt für das Jahr 2023 nicht zustimmen werden, ist es mir ein Anliegen für das zuallermeist konstruktive und menschlich anständige Miteinander zwischen den Fraktionen und der Verwaltung hinzuweisen und dafür zu danken. Das ist mit Blick in die Welt wirklich keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen leider gar nicht so weit reisen, um tieftraurige Geschehnisse mitansehen zu müssen.

Im vergangenen Jahr wurden auch gute Entwicklungen auf den Weg gebracht. Wir haben Entscheidungen mitgetragen und initiiert, die neuen Wohnraum in unserer Stadt entstehen lassen. Neue Kindertagesstätten werden entstehen. Das ist notwendig und richtig, um Familien eine gute Heimat zu ermöglichen.

Wir haben die Aufweichung der starren Restriktionen des Einzelhandelsstandortkonzeptes mit Blick auf das Hammerwerk gemeinsam mit allen Fraktionen auf den Weg gebracht. Dafür haben jahrelang nur UWG und FDP gekämpft.

In dem Zusammenhang wünsche ich insbesondere der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing auch bei der Ansiedlung neuer Unternehmen in unserer Stadt viel Erfolg. Das ist für unsere Entwicklung von großer Bedeutung.

Meine Damen und Herren,

in diesem Sinne steht die FDP für konstruktive Gespräche und Ansätze allen Fraktionen und allen Menschen in der Stadt gerne auch im kommenden Jahr zur Verfügung.

Im Namen der Freien Demokraten danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des gesamten Stadtkonzerns für die geleistete Arbeit. Ihnen und uns allen wünsche ich nun eine ruhige Zeit zwischen den Jahren. Ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start in ein hoffentlich friedlicheres Jahr 2023 als es das zurückliegende mit Blick auf den zurückgekehrten Krieg in Europa war. Das ist jedenfalls mein ganz persönlich größter Wunsch in diesem Jahr.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Schumacher

Vorsitzender

-Es gilt das gesprochene Wort-

Rede des Vorsitzenden der FDP Ratsfraktion zur Verabschiedung des Haushaltes 2023 der Stadt Grevenbroich