Stellungnahme zum Integrierten Handlungskonzept Innenstadt ISEK ( Integriertes Stadtentwicklungskonzept )

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Krützen,
sehr geehrter Herr TBG Herpel,

die Fraktionen der CDU, UWG und FDP bitten Sie, nachfolgende Stellungnahme als Rückmeldung zur Lenkungsgruppe ISEK vom 19.11.2019 entgegenzunehmen und für die weiteren Schritte zu berücksichtigen. Insbesondere bitten wir um Berücksichtigung als neue Variante
zur Ausführungsplanung.

Die Politik beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem Förderungsprogramm einer städtebaulichen Neugestaltung der Innenstadt (ISEK). In zahlreichen Vorträgen, Bürgerbeteiligungen, Ratssitzungen, Ausschüssen, ISEK‐Lenkungsgruppen, … wurde das von der Planungsgruppe MWM Aachen vorgelegte Handlungskonzept einer modernen und nachhaltigen Stadtentwicklung intensiv beraten und diskutiert. Auch auf deutliche Kritikpunkte aus der Bevölkerung wurde im Nachhinein reagiert und gewünschte Korrekturen in eine Überarbeitung der Pläne eingebracht.

Mit dem Ziel solch eine förderungswürdige/‐fähige Neugestaltung zu verwirklichen und dabei einerseits dem Grundgedanken einer optischen Aufwertung des Straßenraumes und andererseits einer gleichzeitigen Besserstellung der Fußgänger und Radfahrer, verbunden mit deutlich mehr Sicherheit für den zunehmenden Radverkehr, sowie Beruhigung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) gerecht zu werden, haben sich die Fraktionen von CDU, UWG und
FDP abschließend auf ein Konzept geeinigt, dass diesen Zielen einer nachhaltigen Innenstadt‐ entwicklung entspricht. Dabei wurden weitgehend die Wünsche und Anregungen aus der Bürgerschaft sowie der Anrainer berücksichtigt und somit eine größtmögliche Akzeptanz bei allen Bürgern geschaffen wird.

Ein Konzept, dass dem Willen auf der Suche nach einem gemeinsamen Kompromiss mit alternativen Vorschlägen aus der Politik oder Verwaltung entgegenkommt, um letzten Endes eine Variante zu verwirklichen, die von allen politischen Fraktionen und der Bürgerschaft getragen werden kann. Dies auch im Bewusstsein, dass die verschiedenen Varianten Vor‐ und Nachteile aufweisen, insbesondere bezogen auf die verkehrlichen Belange.

Endgültiges Konzept der Fraktionen CDU/UWG/FDP:

Zum 1. Bauabschnitt

  • Kein Blockparken – es soll ein beidseitiges Längsparken eingerichtet werden.
  • Der CDU‐Antrag auf Verbreiterung der Fahrbahn im 1. BA (zwischen Ecke Montzstraße bis Ecke Graf‐Kessel‐Straße – und nur auf dieser Seite) auf 5,50 m (50 cm mehr) soll unter Entfall von 2‐3 Parkplätzen und der Einrichtung von Längsparkern verwirklicht werden.
  • Die Stromtankstellen am Altstandort sollen bleiben. Auch hier sollen keine Blockparker bleiben!
  • Auch in dem Bereich zwischen Brücke und Graf‐Kessel‐Straße sollen die Blockparker vor der Dt. Bank in Längsparker (sinngemäß Antrag) umgewandelt werden. Dies zu gunsten des Gehweges, eine Verbreiterung der Fahrbahn ist hier nicht erforderlich.
  • Weiterhin sollen auf den Fahrbahnen „Fahrradpiktogramme“ aufgebracht werden, die den gemeinsamen Verkehr aus PKW und Radfahrern verdeutlichen.
  • Die Lage der Haltelinie im Kreuzungsbereich soll nochmals überprüft werden, da vielfach der abbiegende Verkehr (insbesondere LKW) ein Problem beim Abbiegen hat.

Zum 2. Bauabschnitt

Zur Verdeutlichung des Konzeptes für den 2. BA wird diese Variante mit einem als Anlage bei‐
gefügten Systemschnitt dargestellt.

  • Kein Blockparken – es sollen ausschließlich Längsparker eingerichtet werden. Es sollen die max. möglichen Längsparker – jetzt im Wesentlichen nur auf einer Straßenseite möglich – errichtet werden. Das Anordnen von zusätzlichen Parkplätzen auf der Elsener Mühle wird nicht unterstützt!
  • Fahrbahn der Bahnstraße als Zweirichtungsverkehr mit 5,50m Breite
  • Radweg als Zweirichtungsverkehr in „roter“ Markierung mit 2,50m Breite und einem Sicherheitsstreifen zur Fahrbahn von 0,50m. (Priorisierung Radweg !!!)
  • Einseitiger Parkstreifen mit einer Breite von 2,00m und einem Sicherheitsstreifen von mindestens 0,30m, besser 0,40m.
  • Beidseitige Gehwege mit Breiten von mindestens 2,50m.
  • Schaffung eines neuen Straßenraumbildes durch Ausbildung der Flächen in einer gepflasterten Oberfläche. Hierbei ist auch auf ein entsprechendes Farbspiel zu achten.
  • Anordnung von ausreichenden Baumscheiben zur Begrünung und Auflockerung des Straßenraumes.
  • Neben der max. Geschwindigkeit von 20 km/h ist zur Verkehrsberuhigung die Fahrbahn durch bauliche Maßnahmen so zu planen und herzustellen, dass es den KFz‐Fahren schwer bis unmöglich gemacht wird zu „rasen“. Dabei können auch meandrierende Baumscheiben o.ä. in die Fahrbahnhälften integriert werden, die den schnellen Verkehrsfluss hemmen aber bei gegenseitiger Rücksichtnahme den Zweirichtungsverkehr dennoch ermöglichen.
  • Einrichtung bzw. Berücksichtigung von Be‐ und Entladezonen für Anlieferverkehr. Eventl. Kann man dies durch zeitliche Begrenzung auf max. 2 Std. zu den Haupt‐Tageszeiten per Beschilderung lösen.
  • Ziel ist es, den „Hauptverkehr“, der nicht aus Richtung Bahnhof in die Innenstadt, sondern in Richtung Ostwall/Lindenstraße fahren will, direkt über die äußere Spange (Montzstraße) zu leiten. Daher ist zu überprüfen, ob man das Linksabbiegen aus der Bahnstraße auf den Ostwall verbieten kann. Eine entsprechende Beschilderung am Platz der Dt. Einheit ist dann einzurichten.
  • Überprüfung, ob dieser 2. BA als „Begegnungszone“ ähnlich dem Shared‐Space‐System ausgebildet werden kann.

Zum 3. Bauabschnitt

  • Radweg als Zweirichtungsverkehr in „roter“ Markierung mit 2,50m Breite und einem Sicherheitsstreifen zur Fahrbahn von 0,50m. (Priorisierung Radweg !!!) Dies gilt sowohl für den Bereich der Bahnstraße, als auch für den Bereich der Rheydter Straße.Die Bahnstraße vom Platz der Dt. Einheit in Richtung Dechant‐Schütz‐Straße soll wie geplant als Einbahnstraße erhalten bleiben. Für den Radweg ist jedoch keine Einbahnrichtung vorzusehen!
  • Die Dechant‐Schütz‐Straße soll wie geplant als Einbahnstraße erhalten bleiben.
  • Die Rheydter Straße ist als Zweirichtungsverkehr (mit Radweg) in der Breite von 5,50m zu planen und errichten. Auf das beschlossene „Provisorium“ für diesen Teilabschnitt wird verzichtet.
  • Rheydter Straße ausschließlich mit Längsparkern ausbilden.
     

Begründungen und Erläuterungen:

Die vorgenannte Konzeption aller Bauabschnitte entspricht der (wahrgenommenen) öffentlichen Forderung und ist ein Entgegenkommen und Zeichen der Kompromissbereitschaft der Fraktionen von CDU, UWG und FDP zum zwischenzeitlich vorgeschlagenen klassischen (orthodoxen) Shared‐Space‐Konzept.
Im klassischen Shared‐Space sind keine Markierungen oder Ausbildungen von Fahrbahn, Radweg und Gehweg oder von üblichen Verkehrszeichen vorgesehen. Dieses (noch wenig in Deutschland) angewandte Konzept erfordert allerdings ein völliges Umdenken bei allen Benutzern des öffentlichen Straßenraumes, d.h. äußerste Rücksicht, Umsicht und Toleranz sind von allen gefordert, denn der gesamte Raum gehört allen!

Was spricht gegen diese klassische und orthodoxe Form auf dem 2. BA:

Bereits der 1. BA hat gezeigt, dass dort das „Shared‐Space‐Konzept“ in kleinerer Version auf der Fahrbahn von der Bürgerschaft nicht angenommen wurde. Die Idee, dass MIV (Motorisierter Individualverkehr) und Fahrradfahrer gleichberechtigt die (bewusst schmal gehaltene) Fahrbahn nutzen sollen, hat immer wieder dort zu Konfliktsituationen geführt. Fahrradfahrer
fühlen sich nicht sicher und eher bedrängt. Toleranz und Akzeptanz haben sich nicht durchgesetzt.
Auf der nun längeren Straßenführung im 2. BA dürfte sich die Erfahrung aus dem 1. BA sogar noch verschärft fortsetzen, zumal auch noch der Fußgänger am Raum partizipieren soll. Im Shared‐Space‐Modell sind mindestens vier Verschwenkungen (meanderförmige Verkehrsführungen) vorgesehen, d.h. es kommt mindestens zu acht kritischen tangentialen Begegnungszonen im Gegenverkehr bei einer Fahrbahnbreite von je 2,75 m (vergl. mit einer Straßenführung bei Einfädelung auf Autobahnbaustellen). Gefahr: die gewünschte Verkehrsberuhigung führt zu mehr Verkehrstau und ‐chaos!
Nach allgemeinen Empfehlungen soll das Verhältnis in einem Shared‐Space von Fußgänger und Radfahrer zum MIV den Quotienten von > 0,5 nicht unterschreiten. D.h.: der in den Ver‐ kehrsanalysen ermittelte MIV weist eine zu hohe Benutzungsfrequenz auf! (Das KFZ‐Aufkommen ist viel zu hoch). Weiterhin sind „Barriere Leitsysteme“ nur schwer zu integrieren.
Für den Übergang vom 2. In den 1. BA wäre ein Kreisverkehr sinnvoll, dieser lässt sich aber aus Platzgründen nicht realisieren.

Was spricht für das o.g. Konzept:

Die 3 Fraktionen befürworten das Beibehalten der optischen Markierung von Gehweg, Radweg und Fahrbahn (Straßenführung) für den motorisierten Verkehr. Insbesondere der rotmarkierte Radweg, der sich vom 3. BA in den 2. BA fortsetzen soll, wertet den Fahrradverkehr auf.
Er vermittelt und gibt dem Fahrradfahrer mehr Sicherheit einerseits und reduziert die Konfliktsituation mit Fußgängern und KFz andererseits. Gerade auch das Versuchsprojekt in der  Breitestraße „Öffnung der Fußgängerzone für Fahrradfahrer“ hat gezeigt, dass das Konfliktpotential zwischen Fußgängern und Radfahrern hoch ist. Insbesondere durch die auch stetigeZunahme von E‐bikes, Pedelecs und E‐Rollern!
Die Aufwertung des Radverkehrs im Stadtgebiet entspricht auch dem zunehmenden Trend „Aufbruch Fahrrad“. Auch das in NRW nun kommende Fahrradgesetz, das u.a. ein insgesamt besseres Angebot fordert, trägt diesem Rechnung. Im Hinblick der Bemühungen Grevenbroich zu einer Fahrradfreundlichen Stadt zu machen, wäre solch ein durchgehender „Roter Streifen“ ein deutliches Signal. Zur Verkehrsberuhigung dient die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 20 km/h sowie die o.g. baulichen Maßnahmen aus z.Bsp. Baumscheiben. Eine Reduzierung der Verschwenkung
auf nur eine Schikane (ggf. im Bereich der Brücke) dürfte auch optisch genügend sein, um eine „Kanalwirkung zu vermeiden“. Weiterhin wäre zu diskutieren, ob der Fahrbahnbelag anstelle eines Bitumenbelages ebenfalls farbig abgesetzt gepflastert wird, um auch hier ein zu schnelles Fahren zu verhindern.
Eine Verkehrslenkung am Kreisverkehr (Platz der Dt. Einheit) und stadtauswärts aus dem 1. BA durch Schilder mit übergeordneten Zielen (Zentrum, Bahnhof, Fernverkehr, etc.) ist sinnvoll, um den 2. BA zu entlasten. In diesem Zusammenhang sollte auch das Linksabbiegeverbot vom 2. BA auf den Ostwall geprüft werden.
Wenn man den 2. BA verkehrsrechtlich als „Begegnungszonen“ zu deklarieren kann, haben Fußgänger Vorrang vor Fahrzeugen, die Wohn‐und Geschäftsnutzung gegenüber der Ver kehrsfunktion wird stärker gewichtet, eine Höchstgeschwindigkeit 20 km/h und das Parken ist nur auf gekennzeichneten Flächen erlaubt. Eine Bewegungszone kommt dem vorgeschlagenen Shares‐Space‐System sehr nahe.
Diese o.g. Konzeption des 2. BA passt sich auch (optisch und verkehrstechnisch) besser im Gesamtverlauf von BA 1 + 3 ein. Sie hat eine höhere Akzeptanz beim MIV und Fahrradfahrern bei markierter Fahrbahnführung, hat eine Reduzierung des Konfliktpotentials bei FG, FR und KFz (sh. 1. BA und Fußgängerzone) und bietet einen besseren Verkehrsfluss >> Hohes KFz‐Aufkommen auf der mittleren Bahnstraße (Zufluss/Abfluss über Kreisverkehr; Elsener Mühle, Alte Bergheimer Straße, 1. BA, Ostwall 2x).

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Kaiser  CDU‐Fraktionsvorsitzender

Markus Schumacher FDP‐Fraktionsvorsitzender

Carl Windler UWG‐Fraktionsvorsitzender